Herzrasen.
(Wumm)
In unserer kleinen heilen Welt haben wir bis auf den letzten Meter alles erkundet und ausgemessen. Intuitiv setzen wir einen Fuss vor den anderen mit einer unverschämt furchtlosen Selbstverständlichkeit.
(Wumm)
Mit stiller Bewunderung lesen wir im immer selben Zugsabteil von Menschen, die ausgebrochen sind, um das zu tun, was sie lieben. Wir überlesen dabei den Kampf, das Risiko und den aufgebrachten Mut, denn dafür haben wir in unserem durchgetakteten Leben keine Zeit.
(Wumm)
Dabei geht es gar nicht immer um die grossen Ausflüge aus unserem Hochsicherheitskosmos, sondern viel mehr um die kleinen Schattensprünge.
(Wumm)
Unvernünftig lange Gespräche führen bis tief in die Nacht, obwohl man am nächsten Morgen arbeiten gehen sollte.
(Wumm)
Im Zug wieder mal eine interessante Person ansprechen.
(Wumm)
Mit dem Bike auf einem bislang unbekannten Trail ins Tal rauschen.
(Wumm)
Unverschämte, aber charmante Komplimente verteilen.
(Wumm)
Den Schritt ins Unbekannte wagen.
(Wumm, Wumm, Wumm, ...)
Der November hat’s nicht leicht. Niemand mag ihn. Die herbstlichen Farben sind längst verblichen und die idyllische Winterzeit lässt noch sehnlichst auf sich warten. 30 Tage lang ruft er die dunkelsten Gefühle aus unserem Inneren hervor. Zuweilen fühlt sich das an wie eine Fahrt durch einen Tunnel. Nur, dass wir vergessen haben, wo wir herkamen, wo die Reise hingeht und wie lange sie verdammt nochmal dauert.
„Herzlich willkommen in der S4 nach Stansstad, Hergiswil, Horw, Luzern“, begrüsst ihn die etwas mechanisch klingende Frauenstimme aus dem Lautsprecher. Eigentlich komisch, nach all den Jahren wieder tagtäglich in die Heimat zu pendeln, denkt er sich, als der Zug an seinem neuen Arbeitsort vorbeirattert. Aber auch schön, irgendwie.
„Hast du den Text für unseren Vortrag schon fertig?“, fleht es aus dem Nebenzimmer. Schon zum wiederholten Mal. Natürlich nicht, flüstert sie abwesend zu sich selbst. Draussen wird es bereits wieder hell. Sie sieht vor lauter x und y das Blatt kaum mehr. Term rechnen. Noch gefühlte 100 Gleichungen muss sie lösen. Bis zur ersten Schulstunde um 10.45 Uhr.
Hitzeprognose, gültig im Juni 2017: Jeden Tag unerträglich sonnig und brütend heiss. Am Nachmittag aus Westen überhaupt keine hohen Wolkenfelder und über den Bergen nicht mal einen Hauch einer Quellwolke.Gegen Abend bleiben mit hoher Dringlichkeit gewünschte Hitzegewitter komplett aus.
Der Mai dreht sich um unsere Wohlfühloase, wo wir uns so verhalten können wie wir nun mal sind, wo wir jeden Fussgängerstreifen und jeden Schleichweg kennen, wo alles immer beim Alten bleibt, egal wie lange wir uns physisch und mental davon entfernt haben. Heimat: Für die einen ist sie eine geografische Zone, für die anderen soziale Zugehörigkeit und für wieder andere einfach ein Gefühl.
Im April denken wir gross, ja sogar ein wenig grössenwahnsinnig. Daher vorab ein Warnhinweis an den Leser: Dieser Text ist ein Plädoyer dafür, sich auf den grossen Bühnen des Lebens zu bewegen, selbst wenn die eingeschätzten eigenen Fähigkeiten nur für Nebenschauplätze auszureichen scheinen.